Hohe Impfbereitschaft unter Pflegefachpersonen

Die Impfbereitschaft unter Pflegefachpersonen hat sich in den vergangenen Wochen deutlich geändert

Immer wieder wird die geringe Impfbereitschaft der Pflegefachpersonen beklagt und verunsichert – auch gepusht durch die mediale Berichterstattung – die Bevölkerung bei der Frage, ob sie sich gegen Corona impfen lassen soll. Die Bundespflegekammer gibt Entwarnung: „Die Impfbereitschaft ist groß und Aufklärung der zentrale Schlüssel“, erklärt Dr. Markus Mai, Präsidiumsmitglied der Bundespflegekammer und Präsident der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz.

Die Bundesländer mit einer bereits existierenden oder im Aufbau befindlichen Pflegekammer haben in den vergangenen Wochen viel für die Aufklärung der Pflegefachpersonen getan. „In Rheinland- Pfalz arbeiten wir eng mit dem Sozialministerium zusammen und haben bereits drei sehr gut besuchte Infoveranstaltungen in den vergangenen zwei Wochen durchgeführt. Als Ergebnis wurde uns von Pflegefachkräften rückgemeldet, dass bei den Veranstaltungen viele Unklarheiten beseitigt werden konnten und sie einer Impfung positiv gegenüberstehen“, erklärt Dr. Mai die Impfbereitschaft im Süden. Auch vor der Aufklärungsoffensive wären bereits geschätzt 75 Prozent der rheinland-pfälzischen Pflegefachpersonen bereit gewesen, sich impfen zu lassen. „Diese Zahl konnten wir nun erhöhen“, führt Dr. Mai aus.

„Im Norden der Republik herrscht generell eine sehr hohe Impfbereitschaft unter den Pflegefachpersonen“, ergänzt Patricia Drube, ebenfalls Präsidiumsmitglied der Bundespflegekammer und Präsidentin der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein, Dr. Mais Ausführungen. Aus den Kliniken im Land wird zurückgemeldet, dass sich 80 bis 90 Prozent der Pflegenden impfen lassen wollen. „Auch im ambulanten Bereich ist die Impfbereitschaft bei uns hoch“, führt Drube weiter aus. Generell gäbe es im hohen Norden kaum absolute Impfgegner. „Solange nicht all diejenigen Pflegenden, die sich impfen lassen wollen, einen Termin bekommen, sollte man es unterlassen, über die Impfbereitschaft von Pflegenden zu debattieren“, konstatiert sie.

Auch in Niedersachsen weiß die Landespflegekammer von einer Impfbereitschaft über den allzeit proklamierten 50 Prozent zu berichten. „Natürlich ist die Pflegebranche in sich heterogen und es gibt auch bei uns ein Gefälle der Impfbereitschaft zwischen Pflegefachpersonen an Kliniken und in Alten- und Pflegeheimen“, berichtet Nadya Klarmann, Präsidiumsmitglied der Bundespflegekammer und Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen. Dennoch gehe sie von durchschnittlich 60 bis 70 Prozent impfbereiten Pflegefachpersonen aus. Ihre Schätzung ruht unter anderem auf Rückmeldungen von Alten- und Pflegeeinrichtungen, die bei sich intern die Bereitschaft zur Covid-Impfung abgefragt haben. „In den Krankenhäusern liegt die Impfbereitschaft ungefähr bei 80 Prozent“, weiß sie weiter zu berichten.  

Das Gleiche gilt für den Westen Deutschlands, wo in Nordrhein-Westfalen gerade eine Pflegekammer als Berufsvertretung gegründet wird. Das Bild, das sich hier zeichnet, unterscheidet sich ebenfalls zu der Anfang Dezember gestarteten Blitzumfrage, die durch die Medien geistert und zu einem Zeitpunkt durchgeführt wurde, als es noch gar keinen Impfstoff gab. „Aktuell herrscht eine Impfbereitschaft von rund 80 Prozent unter den Pflegefachpersonen hierzulande“, erklärt Sandra Postel, Vorsitzende des Errichtungsausschusses der Pflegekammer. Sie weiß, wie ihre Kollegin aus Schleswig-Holstein, zu berichten, dass es zu Beginn auch viele bewusste Falschinformationen zur Impfung gegeben habe, die gezielt an Pflegefachpersonen in Altenheimen adressiert wurden.

Generell kann die Bundespflegekammer einzig zwei Trends festmachen. In den Kliniken ist die Impfbereitschaft unter Pflegefachpersonen höher als in Alten- und Pflegeheimen. In allen Pflegekammern hat man gute Erfahrungen mit sachlichen Informationen gemacht. „Wir haben einen eigenen Podcast zum Thema Corona-Impfung gemacht und die allgemeinen Aufklärungskampagnen, auch die der anderen Pflegeverbände, helfen, die vorhandene Skepsis und Unsicherheit abzubauen“, erklärt Klarmann.

Die bundesweite Debatte zur Impfpflicht kommt bei den Pflegefachpersonen vor Ort nicht gut an. „Viele Pflegefachpersonen sind frustriert aufgrund der seit einem Jahr anhaltenden hohen Belastung und den Versprechen der Politik, die zum Teil nicht eingehalten werden – siehe Corona-Bonus“, erklärt Dr. Mai die Situation vor Ort in den Einrichtungen und Kliniken. Auch die mediale Berichterstattung zur fehlenden Impfbereitschaft der Pflegefachpersonen führt in der Berufsgruppe zu Unmut. „Die Grundlage für viele Äußerungen, auch in den sozialen Netzwerken, stammen leider aus nicht zuverlässigen Quellen. Diese haben sich wie ein Lauffeuer verbreitet“, erklärt der Pflegefachmann. Das zeige den Pflegefachpersonen einmal mehr, wie wenig Wertschätzung ihnen entgegengebracht wird. Denn diese Diskreditierung war völlig zu Unrecht. Die jüngste Diskussion um eine Impfpflicht bringe für viele Pflegefachpersonen jetzt das Fass zum Überlaufen. „Das Vertrauen in die Politik hat dadurch einen weiteren Riss erhalten. Vor allem vor dem Hintergrund, dass den Pflegefachpersonen öffentlich Impfverweigerung nachgesagt wird und dabei vielerorts der Impfstoff fehlt, um sich impfen zu lassen“, führt Dr. Mai weiter aus.

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