Pflege ist nicht selbstverständlich

Joko und Klaas zeigen den Pflegealltag in Echtzeit zur Primetime – das bewegt auch den Minister. Bundespflegekammer ist gesprächsbereit!

Gestern haben Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf ihre Sendung „Joko und Klaas live“ bei ProSieben für ein beeindruckendes Statement für die Pflege genutzt. Unter dem Motto „Nicht selbstverständlich“ hat der Privatsender sein Programm von gestern Abend 20:15 Uhr bis in den frühen Donnerstagmorgen freigeräumt, um werbefrei den Alltag einer Pflegekraft in Deutschland zu zeigen und auf den Pflegenotstand hinzuweisen.

 „Wir finden es großartig, dass ProSieben gestern andere Sendungen aus dem Programm genommen hat, um der Pflege eine Plattform zu bieten, sich Gehör zu verschaffen – und das zur besten Sendezeit. Wir sagen Danke für so viel Engagement und Unterstützung,“ erklärt Dr. Markus Mai, Präsidiumsmitglied der Bundespflegekammer und Präsident der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz. Seit gestern Abend läuft der Hashtag #nichtselbstverständlich durch die sozialen Medien und macht auch dort auf die Missstände in der Pflege aufmerksam.

Und das sei auch dringend notwendig, denn trotz aller Versprechen von Politikern, Konzertierter Aktion Pflege und weiteren Maßnahmen haben sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege während der Corona-Pandemie teilweise erheblich verschlechtert, gibt Dr. Mai zu bedenken. Das werde ja auch in der Reportage deutlich. Viele Pflegefachpersonen befinden sich gerade an ihrem beruflichen Wendepunkt und überlegen, ihren Beruf endgültig nach der Pandemie, die für den Pflegeberuf zur Katastrophe zu werden scheint, an den Nagel zu hängen. „Dieser Pflexit muss unbedingt verhindert werden“, erklärt Dr. Mai.

„Es gab zwar einige Einzelmaßnahmen, in den zentralen Feldern wurden jedoch keine Weichen für eine problemlösende Pflegeoffensive gestellt“, konstatiert Dr. Mai. Offensichtlich habe auch Corona der Politik nicht zur nötigen Einsicht verholfen, die Systemrelevanz der Pflege wird weiter weder von der Gesellschaft noch von der Politik erkannt. Umso erfreulicher ist es, dass sich jetzt nach der Sondersendung von Joko und Klaas etwas tut. Scheinbar haben die beiden etwas geschafft, was eine ganze Berufsgruppe vorher nicht vollbracht hat. Es wird den Zuschauern klar, dass es hier um Politik und Versäumnisse der letzten Jahrzehnte geht. „Für uns zählt das Ergebnis der gestrigen Sendung. Jens Spahn hat soeben auf einer Pressekonferenz angekündigt, sich zeitnah mit den Pflegeverbänden zu Lösungsvorschlägen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen austauschen zu wollen“, stellt Dr. Mai fest.

Er signalisiert die Gesprächsbereitschaft der Bundespflegekammer in Richtung Spahn: „Wir haben nicht nur beim Thema Personalbemessung in der Langzeitpflege und im Krankenhaus mitgearbeitet, sondern auch weitere Vorschläge erarbeitet, die wir gerne mit dem Gesundheitsminister erörtern.“ Dazu zählen erweiterte Entscheidungsbefugnisse für Pflegefachpersonen und die stärkere Berücksichtigung akademisch ausgebildeter Pflegefachpersonen in der Versorgung, beispielsweise durch Advanced Practice Nurses in Pflegeheimen.

„Letztlich muss es, egal wie, zu einer zeitnahen Entlastung von Pflegefachpersonen kommen. Sie müssen jetzt gleichberechtigt in die Gremien der Selbstverwaltung eingebunden werden“, sagt Dr. Mai mit dem neuerlichen Appell verbunden, die Expertise der Pflege endlich zu nutzen und mit ihr zu sprechen – nicht nur über sie. „Viel zu lange wurde unsere Stimme überhört. Herr Spahn, wir sind bereit und warten auf Ihr Gesprächsangebot“, so Dr. Mai. Denn ohne Pflege könnten Wirtschaft und Gesellschaft auf Dauer nicht funktionieren.

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