Viel Dienst, wenig Verdienst

Auch in der Pflege gibt es immer noch ein Ungleichgewicht der Bezahlung – vor allem in der Altenpflege

Der heutige Equal Pay Day gilt als Aktionstag für gleiches Entgelt – auch in der Pflege. Denn Frauen verdienten laut Statistischem Bundesamt 2020 in Deutschland durchschnittlich 18 Prozent weniger als Männer. Um das gleiche Einkommen zu erzielen, das Männer bereits am 31. Dezember des Vorjahres hatten, müssen Frauen aktuell bis zum heutigen Equal Pay Day arbeiten. Die Bundespflegekammer appelliert daher an die Politik, sich entschiedener für die Schließung der Lohnlücke zwischen Männern und Frauen in den sozialen Berufen zu engagieren.

Die Ursachen für den geringeren Verdienst von Frauen lassen sich auf drei Fakten reduzieren. Frauen fehlen, gerade in den Pflegeberufen, nach wie vor in den gut bezahlten Führungsetagen. Frauen arbeiten aufgrund der schlechten Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerade in der Pflege häufig in Teilzeit. Und Berufe, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, werden per se schlechter bezahlt. „Hier muss sich dringend etwas ändern“, erklärt Patricia Drube, Präsidiumsmitglied der Bundespflegekammer und Präsidentin der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein. „Leider ist es so, dass in frauendominierten Berufen nicht nur die Frauen vergleichsweise schlecht bezahlt werden, sondern auch die Männer“, führt sie weiter aus. Und der Pflegeberuf ist nach wie vor weiblich: Rund 80 Prozent der Beschäftigten in dieser Branche sind Frauen und bilden damit das Rückrat unserer medizinischen Versorgung.

„Obwohl Pflegefachpersonen anspruchsvolle Tätigkeiten ausüben und eine große Verantwortung tragen, ist ihr Einkommen – im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen mit vergleichbarer Qualifikation – unterdurchschnittlich“, sagt Drube. So lag der Verdienst von Pflegefachpersonen in der Langzeitpflege 2018 knapp 13 Prozent unter dem Durchschnittseinkommen. Die Bundespflegekammer fordert daher ein gleiches und angemessenes Gehalt, das es den Pflegefachpersonen möglich macht, auch im Alter von der Rente auskömmlich zu leben. „Dazu ist ein Einstiegsgehalt von 4.000 Euro dringend notwendig“, erneuert sie die Forderung der Bundespflegekammer. Denn ein Fachkraftmangel in den stationären und ambulanten Einrichtungen gefährde die Versorgung alter und kranker Menschen.

Das Gesundheitswesen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem bedeutenden Beschäftigungsfaktor in Deutschland entwickelt. Mehr als vier Millionen Menschen sind in diesem Wirtschaftszweig, der eine hohe gesellschaftliche Verantwortung trägt, beschäftigt. Auch wenn es in Krankenhäusern häufig nicht zu einem eklatanten Unterschied in der Bezahlung der männlichen und weiblichen Pflegenden kommt, ist der Verdienst hier zwar vergleichsweise gering, in der Regel aber immerhin tarifvertraglich gebunden. Dramatischer sieht es in der ambulanten Langzeitpflege und stationären Pflegeeinrichtungen aus. „Hier gibt es noch immer zu viele prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Und das auch, weil es keinen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag Pflege gibt“, erklärt Drube weiter. Dieser sei durch das Veto der katholischen Träger in jüngster Vergangenheit gescheitert.

Dennoch müsse endlich damit Schluss sein, die Pflege zu beklatschen und mit Sonderprämien abzuspeisen. Drube führt die unsägliche Diskussion über eine nachhaltig bessere Bezahlung in der Pflege auch auf die fehlende Lobby der Berufsgruppe zurück, denn: „Pflege ist historisch gewachsen ein frauendominierter Beruf, der ursprünglich nicht auf Karriere ausgelegt war und von jeher einen sehr geringen Organisationsgrad hat.“ Das zeige auch der Vergleich zu Ärzten, die seit über 100 Jahren sowohl berufs- als auch standespolitisch organisiert seien. „Sowohl die Politik als auch die Gesellschaft sollten endlich begriffen haben, dass der Berufsstand Pflege systemrelevant ist. Je weniger Pflegende wir haben, desto mehr Menschen sterben“, richtet sie an die Politiker in Berlin aber auch auf Landesebene.

Zurück